Luftverbrauch

luftverbrauch1.jpg"Wie brauche ich weniger Luft?" ist eine oft gehörte Frage von Tauchanfängern, die noch am Beginn ihrer Tauchkarriere stehen. Auch mir ging es Anfangs nicht anders. Dieser Artikel soll ein paar Informationen und Tips primär für Tauchanfänger vermitteln.

Mein Luftverbrauch war in den Anfangzeigen so hoch, das die 12l Flasche nach ca. 30-40 Minuten leer – richtig leer – war (bei max. Tiefe von 25m). Auf die Frage, wie ich das denn reduzieren kann, war die Antwort des Tauchlehrers: "Lass Dir Zeit, das kommt schon". Damit hatter der Tauchlehrer zwar recht, aber in dem Moment half es mir nicht sehr viel. Darum habe ich mich dann mittels Literatur, Internet und Rumfragen bei Guides versucht schlau zu machen.

 

Einflussfaktoren

Da stellte sich erst mal die Frage, warum gibt es eigentlich solch grosse Unterschiede im Luftverbrauch zwischen den einzelnen Tauchern? Wovon ist das abhängig? Schnell waren einige Faktoren gefunden:
  • Tauchpraxis
  • Stress
  • Bleimenge
  • Umgebung
  • Ausrüstung
  • Raucher oder Nicht-Raucher.
  • Persönliche Fitness
Im folgenden ein paar Worte zu den einzelnen Faktoren, bevor es dann zu den Tips und Tricks geht.

Tauchpraxis

Warum brauchen die "alten Hasen" häufig so viel weniger Luft? Zu Beginn des Sporttauchens, wenn unter Wasser alles noch neu ist, empfiehlt es sich auf die Atmung bewusst zu achten. Du wirst feststellen, dass man als Anfänger häufig dazu neigt, einzuatmen, die Luft eine Weile zu halten, schnell auszuatmen und sofort wieder einzuatmen. Dies ist genau das Gegenteil Deiner normalen Atmung ausserhalb des Wassers. Achte mal darauf: ausserhalb des Wassers befindest Du dich meist in ausgeatmetem Zustand. Du atmest Kurz ein und beginnst gleich wieder mit dem Ausatmen und verweilst auch kurz in ausgeatmetem Zustand.

Warum ist es unter Wasser anders? Von Wasser umgeben zu sein, ist für das menschliche Unterbewusstsein eine Notsituation, da ertrinken droht. Dein Unterbewusstsein ist sich zu Beginn des Sporttauchens nicht daran gewöhnt, dass Du unter Wasser atmen kannst – das ist total neu. Entsprechend signalisiert es Deinem Körper soviel Luft wie möglich zu sammeln, damit Deine "Überlebenchancen" steigen. Es handelt sich also um eine Art Abwehrreaktion. Mit der Zeit und entsprechender Tauchpraxis wird sich Dein Unterbewusstsein an die Möglichkeit unter Wasser zu Atmen jedoch gewöhnen. Entsprechend normalisiert sich der Atemreflex auch immer weiter, was bei erfahrenen Taucher zu einem deutlich reduzierten Luftverbrauch führt.

Stress

Wenn ein Tauchgang oder das Tauchen allgemein noch Stress bedeutet, ist man während des Tauchganges automatisch nervöser oder gar ängstlicher. Man geht den Tauchgang somit sicher nicht gelassen und ruhig an, was automatisch zu einem höheren Luftverbrauch führt. Dies trifft übrigens bei Weitem nicht nur auf Tauchanfänger zu. Auch Taucher mit mehreren hundert Tauchgängen können einen schlechteren Tag haben, wo sie evtl. auch von der Arbeit, Beziehung, etc. "gestresst" sind und brauchen dann automatisch mehr Luft als normal.

Bleimenge

Auch die verwendete Bleimenge trägt viel zum Luftverbrauch bei. Je mehr Blei Du dabei hast, desto anstrengender ist es, dieses ganze Gewicht durch das Wasser zu manövrieren. Folglich steigt Dein Luftverbrauch. Die benötigte Bleimenge ist auch u.a. von Deiner allgemeinen Gelassenheit unter Wasser abhängig (siehe "Tauchpraxis" und "Stress"). Je gelassener Du bist, desto ruhiger ist Deine Atmung, was zu weniger Auftrieb führt. Entsprechend brauchst Du weniger Abtrieb und somit Blei.

Umgebung

Nachdem ich meinen Luftverbrauch in den heimischen Seen und Flüssen gut im Griff hatte, ging ich zum zweiten Mal auf eine Tauchsafari in den Malediven. Im Gegensatz zum vorherigen Besuch auf den Malediven waren dieses Mal ausschliesslich Tauchgänge an den Aussenriffen und in den Kanälen angesagt, wo es zwar ziehmlich starke Strömung hatte, dafür aber auch jede Menge Haie, Rochen und andere Grossfische. Siehe da: meine 11l Flasche war erneut wieder in ca. 40 Minuten leer. "Nicht schon wieder!" habe ich mir gedacht.

Doch nach einigen Tagen tauchen unter diesen – für mich neuen und stressenden – Bedingungen war mein Luftverbrauch wieder gesunken. Das zeigte mir eindrücklich, dass man sich erst wieder an die neue Umgebungen bzw. Bedingungen gewöhnen musste, um unter Wasser wieder ruhig und entspannt zu werden.

Ausrüstung

Nachdem ich nun ein paar hundert Tauchgänge in heimischen und entfernten Gewässern gemacht hatte, war mein Luftverbrauch relativ gering – mehr als eine halbe 12l Flasche brauchte ich für einen normalen Tauchgang selten; auch bei Tauchgängen unter 30m. Vor ein paar Monaten habe ich dann meine Ausrüstung stark umgestellt, um langsam erste Schritte Richtung technisches Tauchen machen zu können. Neu war das Tech-Wing und der Doppeltank auf dem Rücken, sowie neue Bleimengen und -orte. Kurz: die ganze Trimmung war neu.

Nach den ersten Tauchgängen habe ich etwas nachgerechnet und merkte, das ich erneut einen höheren Luftverbauch hatte. Zwar nicht ganz so extrem wie damals beim Strömungstauchen auf den Malediven, aber doch ca. 1/3 mehr als mit der alten Konfiguration. So langsam hat sich das mit der neuen Ausrüstung eingespielt und ich werde zunehmend wieder ruhiger beim Tauchen. Entsprechend sinkt auch mein Luftverbrauch wieder von Tauchgang zu Tauchgang.

Auch hier braucht es also wieder Angewöhnungszeit und entsprechende Praxis, um vertraut mit der neuen Ausrüstung und somit wieder relaxter werden.

Raucher oder Nicht-Raucher

Das sich Tauchen und Rauchen schlecht verträgt ist wohl den meisten klar. Einerseits bremst rauchen den Abbau von Sickstoff (Microboubles) und andererseits ist der ganze Kreislauf weniger Leistungsfähig. So zu lesen in vielen tauchmedizinischen Publikationen.

Was heisst das aber für den Luftverbrauch? Nun, die einfachste Möglichkeit das herauszufinden, ist mit dem Rauchen aufzuhören. Ich selbst rauche nicht und kann darum auch nicht damit aufhören. Allerdings sah das bei einem meiner alten Tauchbuddys anders aus: er hat nach jahrelangem Rauchen und einigen hundert Tauchgängen mit dem Rauchen aufgehört. Innerhalb von wenigen Wochen (und einigen Tauchgängen) sank sein persönlicher Luftverbrauch um ca. 20 Bar pro Tauchgang (12l, 200bar).

Persönlich Fitness

Sicher spielt auch die persönliche Fitness eine Rolle. Aus meiner Sicht allerdings nicht so sehr, wie man annehmen könnte. Ist man nicht übermässig fit, nimmt man's einfach noch etwas gemütlicher und schon ist das Problem für's erste gelösst. Ausnahme ist, wenn man es nicht gemütlicher nehmen kann, weil z.B. eine neckische Ströhmung herrscht. Hier zeigt sich dann sehr schnell, welche Taucher eine gute Kondition haben und welche weniger.

Tips

Sparen von Luft (Atemgas)

Grundsätzlich gilt:

DIE LUFT IST ZUM ATMEN DA!

Krampfhaftes Sparen von Luft sollte auf jeden Fall vermieden werden, denn dies beeinflusst den Abbau der Stickstoffblässchen negativ und führt schnell zu Kopfschmerzen nach dem Tauchgang. Hast Du nach einem Tauchgang Kopfschmerzen, ist das ein Zeichen dafür, dass Du während des Tauchganges zu wenig geatmet hast. Versuche dies für den nächsten Tauchgang unbedingt zu ändern.

Bewusste Atmung

Versuche doch bei Deinen nächsten Tauchgängen folgendes: Atme tief ein, beginne gleich wieder laaaaangsam und tief auszuatmen. Warte mit einatmen 2-3 Sekunden in ausgeatmetem Zustand bevor Du erneut einatmest. Das Ausatmen darf ruhig doppelt so lange dauern wie das Einatmen. Achte also bewusst auf Deine Atmung.

Praxis sammeln

Mein Tauchlehrer hatte recht – mit der zunehmenden Anzahl Tauchgängen wird das Tauchen und damit das "unter Wasser sein" immer selbstverständlicher und Du wirst unter Wasser immer gelassener. Mit der Gelassenheit wird sich auch Dein Luftverbrauch sehr stark reduzieren. Du solltest also möglichst oft und vor allem regelmässig Tauchgänge unternehmen um Praxis zu sammeln. Nur sporadisch alle paar Wochen oder Monaten tauchen zu gehen hilft nicht Tauchpraxis zu sammeln.

Angst abbauen

Sollten bei Dir Angstgefühle während des Tauchgangs vorhanden sein, lohnt es sich, diese bewusst werden zu lassen und darüber nachzudenken, wie man diese reduzieren oder noch besser beseitigen kann. Spreche doch einmal mit Deinem Tauchlehrer darüber und/oder werfe mal einen Blick auf die untenstehenden Büchertips.

Blei reduzieren

Verwendest Du noch relativ viel Blei (Nasstaucher über 10kg, Trockentaucher über 12kg), versuche doch langsam und stetig die mitgeführte Bleimenge zu reduzieren. Dies geht jedoch nur, wenn Du unter Wasser allgemein ruhiger wirst und Dich dadurch weniger im eingeatmeten Zustand befindest. Dies wiederum ist u.a. von Deiner Atmentechnik (siehe vorherige Punkte) abhängig und wird mit mehr Tauchpraxis besser. Du wirst sehen, das Du mit mehr Praxis langsam Blei reduzieren kannst.

WICHTIG: Reduziere Dein Blei nur soweit, das Du noch entspannt mit fast leerer Flasche austauchen kannst. Blei auf biegen und brechen zu reduzieren darf nicht das Ziel sein.

Es ist schwierig für die benötigte Bleimenge Richtwerte zu geben, da dies sehr individuell ist. Folgende Werte habe ich die letzten Jahre vermehrt bei erfahrenen Tauchern gesehen:

  • Trockentauchen mit einer Flasche (kein Doppeltank): 8-12kg
  • Nasstaucher (bis 7mm) mit einer Flasche (kein Doppeltank): 4-8kg
  • Nasstaucher mit zusätzlichem Shorty: 8-12kg
  • Trockentauchen mit Doppel 12l: 2-4kg
  • Trockentauchen mit Doppel 7l: 5-7kg

Noch ein kleiner Tip, wenn wir gerade beim Blei sind. Falls Du Fussblei verwendest, versuche ein paar Tauchgänge ohne – Du wirst es nicht bereuen.

Ausrüstung

Bei der Ausrüstung hat sich das KISS-Prinzip (Keep It Simple Stupid) bewährt: Behalte sie so einfach wie möglich. Taucher die wie ein Christbaum beschmückt tauchen gehen, haben einen grösseren Wasserwiderstand. Dies führt dazu, dass es für diese Taucher anstrengender ist sich fortzubewegen, was wiederum zu einem erhöhten Luftverbrauch führt. Ebenfalls fühlt man sich mit zuviel Ausrüstung gerne mal unwohl weil man evtl. Mühe hat, das eine oder andere Ausrüstungsteil zu erreichen. Entsprechend ist man auch weniger entspannt beim Tauchen.

Natürlich ist nicht die Idee, das Du wichtige Ausrüstungsteile weglässt aber es lohnt sich bei jedem Ausrüstungsteil zu überlegen, "Braucht man das wirklicht?", "Trägt es zur Sicherheit bei oder nicht?"

Büchertip

"Tauchen ohne Angst. Mental-Tipps. Atemtechnik. Übungen." von Monika Rahimi
Taschenbuch: 143 Seiten
Verlag: BLV Verlagsgesellschaft mbH; Auflage: 3., durchges. Aufl. (Februar 2001)
ISBN-10: 3405161193
ISBN-13: 978-3405161194
Amazon.de: http://www.amazon.de/Tauchen-Angst-Mental-Tipps-Atemtechnik-%C3%9Cbungen/dp/3405161193/ref=sr_1_1

 

Ich hoffe diese Ausführungen beantworten die eine oder andere Frage von Taucheinsteigern zum Thema "Luftverbrauch". Für Fragen, Anregungen und Feedback stehe ich jederzeit zur Verfügung.

Marc Dürst