Flusstauchgang in der Thur

Schon lange beabsichtigte ich, einen Flusstauchgang in der Thur unter die Brübachfälle bei Henau zu machen. Die unheimlichen Geschichten über diesen Thurfall liessen mich aber von diesem Vorhaben bis vor kurzem abhalten. Denn: der Brübachfall ist bei den Einheimischen gefürchtet, weil in den unbändigen und gefährlichen Wasserwalzen im Fallbecken schon einige Badende den Ertrinkungstod fanden… Trotzdem hört man aber von den wenigen Thur-Dive-Insidern immer wieder, dass es sich für geübte Taucher um einen absolut genialen aber anspruchsvollen Spot handle, weil sich unter der rund 6 Meter hohen Wasserfallstufe eine grossräumige Halbhöhle befinde und diese im Winter von kapitalen Barben bewohnt werde… Verheissungsvolle Worte, welche nach langem Zögern endlich mal geprüft werden müssen.

 

Die anhaltende Trockenheit hat die Thur in den vergangenen drei Wochen auf einen minimalen Wasserpegel unter 2,5m3/s zurückgehen lassen – beste Voraussetzungen für einen sichtigen Tauchgang bei moderater Strömung! Gute Dienste für die Tauchgangsplanung leisten die hydrologischen Messdaten vom BAFU

Zu diesem Spezialtauchgang begleitete mich gestern SWISS-DIVERS-Kollege Marc Dürst. Um ans Wasser zu gelangen, parkt man am besten (nach eingeholter Parkerlaubnis!) beim ehemaligen Kraftwerk. Dort führt eine steile Metalltreppe zum Fluss hinunter, wo über einen kleinen Sandstrand problemlos eingestiegen werden kann. Die grollenden Fälle, die sichtbare Strömung und die feine Gischt in der Luft machen diesen Tauchplatz recht unheimlich… Beim Abtauchen muss man sofort hinter der linksseitigen Felskante Schutz suchen, ansonsten einem die trotz Wenigwasser immer noch starke Strömung erfasst und gnadenlos Flussabwärts wegspült. Die Flossen könnten für diesen Spot sogar im Auto gelassen werden: nur noch die Pull&Glide-Technik ermöglicht einem, entlang der linken Felswand Richtung Wasserfall vorzudringen. Das Donnern wird immer stärker – die Wassermassen vibrieren förmlich. Plötzlich wird man von einer Rückwärtsströmung erfasst, worauf der Taucher sanft in eine geräumige Halbhöhle unter den Fall verschlungen wird. Am hintersten, rund 6 Meter tiefen und strömungsfreien Punkt ist nach wenigen Tauchminuten bereits der Umkehrpunkt erreicht. Aber: der Ausblick aus der tief in den hellen Sandstein errodierten Halbhöhle in die grünfarbige, brodelnde Wassermasse ist schlichtweg gewaltig – wenn das Weisswasser vom Falleinschlag nicht da wäre, würde man sich tatsächlich im Cavernbereich der Ressel fühlen… 
 Akkustisch untermalt wird das Spektakel von einem markdurchdringenden Donnern und Grollen des Wasserfalls. Leider tummelten sich bei unserem Besuch keine Barben und Forellen in der hintersten Höhlennische. Das 4-grädige Eiswasser der Thur, welches seinen Ursprung im Säntisgebiet hat, spühlte uns bereits nach 30 Tauchminuten wieder an die Einstiegsstelle zurück. 

Fazit: ein kurzes, aber äusserst empfehlenswertes Flusstaucherlebnis, welches auch eine längere Anreise rechtfertigt, zumal die Thur in der näheren Umgebung noch zwei weitere, sehr schöne Tauchgänge in der 'Soor' bei Bütschwil und in der Lichtensteiger-Äulischlucht ermöglicht – dazu aber später 🙂

Danke Marc für diesen nicht alltäglichen Tauchgang, die gelungenen Schnappschüsse und diesen Hollywood-anmassenden Shortvideo aus der fischlosen Brübacher-Barbenhöhle *schmunzel*
http://www.youtube.com/watch?v=uGr5tK6MgXM