Backplate aus Carbon (Kohlenfaser-Aramid-Verbundstoff)

 

Die Idee, eine BP aus Carbon selbst herzustellen, ist in etwa so alt, wie der Entscheid auch in warmen Gewässern nicht mehr mit Sportjacket, sondern Monowing, Harness und BP zu tauchen. Da ich dies aus Spass in meiner Freizeit mache, hat mich auch der Aufwand nicht abgeschreckt.

Einige Vorwände waren jedoch dann trotzdem noch zu Berücksichtigen:

  • Die ultraleichte BP würde keinen oder sogar negativen Abtrieb erzeugen.

–> Da diese jedoch wirklich nur für sehr warme Gewässer gedacht ist (3mm Neopren Nass ohne Handschuhe und Kopfhaube) nehme ich das wenige Blei auf den Flaschenspanngurten in Kauf.

  • Wenn die Platte wirklich leicht werden soll, wie stabil ist sie dann?

–> Diese Frage wurde mir von einer Fachperson beantwortet. Bei gleichem Gewicht ist die Stabilität von einem Kohlefaserverbundstoff 5x höher ist als bei Stahl (somit konnte ich das Gewicht locker um Faktor 5 verringern).

  • Wie verhält sich die Platte wenn sie längere Zeit Salzwasser ausgesetzt ist?

–> Auch hier meinte der Experte dies sollte kein Problem darstellen, da die Fasern selbst kein Wasser aufsaugen.

 

Somit waren die Zweifel ziemlich ausgeräumt und das Projekt konnte starten.

 

Als erstes liess ich mich vom Geschäftsführer von Composite Solutions in Bern höchst persönlich beraten. Nach 2h (!) höchst kompetenter und dazu noch gratis Beratung verliess ich das Geschäft mit meinem Material. Ich habe mich nicht nur für ein reines Kohlenfasergewebe entschieden, sondern zusätzlich für ein Aramid-Kohlenfaser-Gewebe. Dies aus dem Grund, dass falls das Carbon an einer Schwachstelle brechen würde, könnte die Bruchstelle dank den Aramitfasern nicht ausreissen. Die Platte wäre somit nur instabil und nich auf einen Schlag völlig kaputt. Zum Stoff dazu gabs noch Epoxyharz (2 Komponenten) sowie eine spezielle Schere zum Schneiden der sehr zähen Fasern. Auch nötig waren Mischbecher, Holzstäbchen zum Anrühren sowie ein Schaumstoffroller zum auftragen des Harzes. Los gehts!

Als erstes wird die original Edelstahl BP schön mit einem Trennwachs eingewachst, so dass kein Harz an der Platte kleben bleibt. Umbedingt auch die Löcher und Schlitze nicht vergessen!

 

Nun werden auf der Innenseite der Platte alle Löcher und Schlitze mit Klebeband abgeklebt, so dass nicht überschüssiges Harz darunter laufen kann.

 

Wenn das Gewebe zugeschnitten wird, eignet es sich, die Schnittstelle mit Klebeband abzukleben um ein Ausfransen der Fasern zu verhindern.

 

Ist alles vorbereitet, wird das Harz angerührt. Das richtige Verhältnis ist hierbei Matschentscheidend. Als Faustregel gilt, dass eine maximale Abweichung von einem Gramm auf 100g angerührten Harz toleriert werden kann. Ebenfalls das gute Durchmischen ist sehr wichtig. Ist gut gerührt worden, so wird der Harz "umgetopft", d.h. das Gemisch wird in einen neuen Becher geschüttet und nochmals gerührt (alles in allem minimum 2 Minuten rühren).

 

Angerührt wird als Faustformel etwa gewichtsmässig gleich viel Harz wie Gewebe verwendet wird. Bei dieser Menge hat sich für mich ein zweimaliges Anrühren bewährt, da die Verarbeitungszeit des Harzes (je nach Raumtemperatur) nicht sehr lange ist. Ich konnte ca. 40 min damit arbeiten.

Die bewachste Backplate wird nun mit Harz eingestrichen bevor die erste Lage Gewebe darauf kommt.

Jede Lage Gewebe wird mit dem Roller und zusätzlichem Harz sehr gut (!) angedrückt. Dieser Schritt darf pro Lage gut etwa 5 min dauern.

Nach jeder Lage habe ich kurz mit einem Föhn das Harz erwärmt. Die Wärme macht es flüssiger und das Gewebe wird besser und regelmässiger getränkt. Überschüssige Luft wird somit auch ausgelöst.

 

Ich habe mich anfänglich für 6 Lagen Gewebe, inklusive diverser Verstärkungen der exponierten Stellen entschieden. Nach zwei Lagen kamen die ersten Verstärkungen aus übrig gebliebenen Geweberesten dazu.

 

Nach sechs Lagen Stoff und ungefähr 200g Harz sah das ganze wie folgt aus und konnte über Nacht getrocknet werden:

 

Als das Laminat am nächsten Tag einigermassen äusgehärtet war, habe ich die Löcher und Schlitze aufgezeichnet und anschliessend die Edelstahlplatte vom Verbundstoff gelöst. Dies ging einwandfrei, ein Zeichen dass genügend gut gewachst wurde.

 

Das anschliessende grobe Aussägen mit der Eisensäge gestaltet sich eher als mühsam. Die Kohlenfasern wären hier nicht das Problem, sondern die besonders zähen Aramidfasern, welche an der Schnittstelle stark ausfransen.

 

Ist die Form grob ausgeschnitten, kommt sie für mindestens 6 Stunden (besser 10h) bei 60°C in den Backofen. Dieser Vorgang nennt sich "Tempern" und dient dazu, dass die restlichen Moleküle noch Verbindungen eingehen. Mann gewinnt so nochmals ca. 5% an Härte.

Um zu vermeiden, dass sich das Laminat aufgrund der Wärme noch verzieht ist ein langsames Aufheizen des Ofens wichtig. Eigentlich sollte der Temperaturanstieg nicht mehr als 10°C pro Stunde betragen. Ich habe den Ofen aus zeitlichen Gründen jedoch schneller erwärmt, was meiner Platte nicht geschadet hat.

Aus dem Backofen entlassen geht es an den schwierigsten Schritt, das Zuschneiden der exakten Form sowie das Herausbohren der Löcher sowie das Fräsen der Schlitze. Zum Glück hatte ich hier einen Dremel zur Verfügung, ohne wirds übelst mühsam!

 

Ganz wichtig bei diesen Schritten: Staubmaske und Schutzbrille nicht vergessen, es ist eine sehr staubige Angelegenheit.

Ein Metallbohrer funktioniert hier einigermassen gut, ein diamantbesetzter Bohrer (und auch Trennscheibe) wären sicher noch optimaler.

Ohne zu Schleifen sieht das ganze dann noch ziemlich ausgefranst aus….

 

Das Schleifen stellte sich dann auch nicht ganz so einfach heraus wie ich mir dies vorgestellt hatte. In Zahnarztmanier habe ich mich sicher noch gut eine Stunde über die Platte gebeugt.

 

Das Ergebnis ist nach dem Schleifen noch immer nicht zufriedenstellend, die Aramidfasern sind einfach zu zäh um eine sauber geschliffene Kante zu erhalten. Trotzdem lässt sich das Zwischenresultat einigermassen sehen.

 Zum Abschluss wollte ich die Platte dann noch mit einer Schicht Harz "versiegeln" um die abstehenden Fransen des Aramitgewebes anzukleben und einen sauberen Abschluss zu erhalten.

Als der Leim jedoch getrocknet war, waren die Fransen nicht angeklebt, sondern standen ab und waren durch den Leim pickelhart geworden. Oder anders gesagt: Eine wunderbare Kratzbürste um sich den Anzug zu ruinieren.

Würde ich nun diese fiesen kleinen Stacheln nochmals Schleifen wäre ich wider gleich weit wie vor dem "Versiegeln".

Da ich die ausgefranzte Lösung aus rein optischen Gründen nicht akzptieren wollte (obwohl die Praxistauglichkeit dadurch nicht eingeschränkt gewesen wäre) entschied ich mich, noch pro Seite zwei Lagen reines Carbongewebe darüber zu laminieren. Carbon lässt sich nämlich herrvorragend bearbeiten (Schleifen).

 

 

 

Nach dem Schleifen habe ich die Kanten noch mit Klarlack versiegelt et voilà.

Mit dem Resultat bin ich nun mehr als zufrieden!

Zu den Fakten:

  • Dicke beträgt an den nicht verstärkten Stellen ca. 3.2 mm
  • Das Gewicht ist 380 g
  • Das Laminat besteht aus 6 Lagen Aramid/Kohlfaserhybridgewebe und 4 Lagen reinem Kohlenfasergewebe als Abschluss.
  • Somit ca. 70% Carbon und 30% Aramid (plus zusätzlich natürlich noch das Harz).
  • Biegefestigkeit und Stabilität ist enorm hoch relativ zum Gewicht.
  • 12 TG's im Salzwasser mit Mono 12l Aluflasche bis anhin problemlos überstanden 😉

 

Noch einen herzlichen Dank an Alex Obrist, Geschäftsführer von Composite Solutions, welcher sich sehr viel Zeit genommen und mich fachkundig beraten hat.
Auch danke ich meinem Vater für die Fotos und das ständige "zur Hand gehen" und "Platte beim Schneiden halten" usw.

Für Fragen stehe ich gerne zur Verfügung. Bei Fragen zur Technik oder den chemischen Begebenheiten wie z.B. welche Stoffe, welche Gewebearten, welche Harze usw. wendet euch besser an einen Fachmann, der kann eindeutig besser Auskunft geben.

Hier noch der Link zu Composite Solutions:

http://www.compositesolutions.ch/

 

Marc