Es begann nach einem Gast TG eines Elsässers am Thunersee: Beim Dekogespräch fiel der Name von einem Tauchgebiet im Jura: ‚Vouglans’ oder ‚Chartreuse’. Und wie das bei Süchtigen ist, man hofft, leicht an die Droge ran zu kommen. Nach zweimaligem Besuch in der Gegend und diversen Gesprächen war es am 5. August 2005 soweit. Der See ruft und wir kommen.
Zu Neuem, das spannend tönt, kann ich selten nein sagen. So kam es, dass wir vier (Anita, Franz, Martin Plüss und ich) am Freitagmorgen früh unterwegs zu diesem Stausee waren. Wir wussten nicht genau, was uns erwartete und daher waren der Kombi von Franz und der Jeep von Martin randvoll und der Anhänger mit dem Schlauchboot und fast 20 Tauchflaschen beladen. Dank GPS und den vorgängigen Besuchen von Martin Plüss verlief die Fahrt ohne Probleme und ohne Umwege, einzig der franz. Zoll interessierte sich für all die ihm unbekannten Sachen auf dem Anhänger. Leider verlief die Suche nach Zimmern erfolglos und daher mussten wir auf dem nahe gelegenen Campingplatz unsere als Reserve mitgenommenen Zelte aufstellen.
Schon bald nach dem Mittagessen stiessen wir das Schlauchboot in den See, schleppten all die Ausrüstungen dazu und los ging es.
Doch warum all dieser Aufwand? Was suchten wir in diesem Stausee? Martin Plüss hat uns allen von einem Kloster unter Wasser erzählt, welches 1968 beim Bau der neuen Staumauer überflutet wurde und dessen Überreste nun in 50m – 80m Tiefe ruhen. Wir kannten den Ort nur ungefähr und hatten einzig einen Lageplan der Ruinen unter Wasser und alte Fotos.
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Zum Glück fanden wir die erwähnte Boje und schon bald waren Anita und Franz in Wasser und verschwanden in der Tiefe. Interessiert sahen wir den Blasen nach und wir fragten uns, was die wohl da unten so kreuz und quer ansahen. Nach dem Auftauchen berichteten sie von Grund auf 35m mit einigen Mauern. Darauf hin liessen wir Martin’s uns beide der Kette entlang in die Tiefe gleiten. Die oberen 20m waren trübe bei einer Sichtweite von unter 3m, es war aber hell und 20° warm. Darunter wurde es dunkel, 6° mit einer Sichtweite von etwas um die 20m. Wir tauchten den Mauern entlang. Diese ragen etwa 2m aus dem Grund und sind ca. einen 1m dick. Wir fanden kein Gebäude, sahen auch keine Fische und alle Bäume waren wohl abgesägt worden, als die neue Staumauer geschlossen wurde. Nach einem kurzen Deko-stopp im warmen Wasser tauchten auch wir wieder auf.
Im Hafen lief uns ein älterer Herr mit Tauchausrüstung entgegen, er fragte uns, wo wir gewesen seien und ob wir eine Bewilligung hätten… Wir erzählten, was wir gesehen hatten und scheinbar fand er, dass wir wohl tauchen könnten. Offenbar waren wir beim alten Wasserreservoir gewesen und das Kloster sei eine Boje weiter. Da es nun Freitagabend war, hatte sich das mit der Tauchbewilligung auch schnell erledigt. Es war der Herr gewesen, der in der 60er Jahren das Kloster wieder entdeckt hat.
Nach dem Essen, nach langen Gesprächen beim Dekowein, krochen wir in unsere Zelte.
Am Samstagmorgen legten wir an der zweiten Boje an. Schon bald konnten wir die ca. 15m hohen Backsteinmauern unter Wasser bestaunen. Über eine grosse Fläche verteilt fanden wir immer wieder Mauerreste der ehemaligen Unterkunft der Mönche. Durch Fenster und Türen hindurch, Treppen hoch und runter. Da alle Dächer und Decken vor dem ‚Versenken’ entfernt worden waren, konnten wir so ohne Risiken tauchen.
Hohle Teile der Wände zeigten die damalige Zentralheizung des Mittelalters: Hier wurde warme Luft vom Kaminfeuer in die oberen Stockwerke und anderen Räume geleitet.
Im ehemaligen Weinkeller waren leider keine Flaschen mehr zu finden.
Die Oberkanten sind rund auf 45m und daher zeigten unsere Tauchcomputer schon bald Aufstiegszeiten von über 30 min. an. Am Morgen fanden wir die Kette wieder und konnten so bequem die Deko an ihr ‚absitzen’. Nachmittags, nach einer grossflächigeren Erkundung der Ruinen, stiegen wir im freien Wasser auf und hängten an der dünnen Schnur der mitgenommenen Dekoboje.
Im Hafen zeigte uns dann der ‚Entdecker’ der Chartreuse ein paar Fotos und Skizzen der Ruinen. Er schwärmte vor allem von den Mauern der ehemaligen Kirche und erklärte uns den Weg dorthin.
So war am Sonntagmorgen für uns Martin’s klar: Wir gehen zur Kirche! Nach dem Sinkflug der einen Mauer entlang, 1 min. gerade bis einer Wegmarkierung, um 90° drehen, dann 3 min. weiter auf 45m, knapp sahen wir den Grund unter uns und wir schwammen etwa 5m auseinander, um ja die Ruine nicht zu verpassen. Etwas mulmig war mir schon, hatte ich doch mutig behauptet, dass ich die Kirche, nur mit der Skizze im Kopf, finde. Die Nullzeit war schon abgelaufen, da sah ich unter mir den Fuss der Mauer und als ich den Kopf hob, ragte die rötliche Mauer hoch vor mir auf. Fast hätte ich den Kopf angeschlagen. Durch ein hohes Fenster mit einer schrägen Fensterbank und einem gotischen Spitzbogen tauchte ich ins Innere. Auch ohne Dach wirkten diese Mauern in unserm Scheinwerferlicht sehr imposant und eindrücklich. Schon beim Absitzen der Deko nach dem Freiwasseraufstieg war mir klar, dass ich diese Kirche wieder betauche. Die nötige Bewilligung werden wir schon dieses Jahr beantragen.
So Tauchen macht wirklich süchtig!