Interview: Ein anstrengender und sehr herausfordernder Beruf

Ein Berufstaucher erzählt von seinem Alltag.

9. Oktober 2019, Christoph Mäder, SWISS DIVERS

Christoph Mäder – selbst ein begeisterter und erfahrender Sporttaucher – hat diesen Sommer (2019) erfolgreich die Schreinerlehre abgeschlossen. Im zweiten Lehrjahr musste er für die Berufsschule eine Vertiefungsarbeit schreiben und präsentieren. Dabei beschäftigte er sich intensiv mit den Themenkreisen: “Geschichte des Tauchens” und “Berufstauchen“. Das SWISS DIVERS-Tema hat entscheiden, das für diese Vertiefungsarbeit entstandene Interview, mit Ralf Zwahlen von der Willy Stäubli Ing. AG, zu veröffentlichen:

Vorschläge für den nächsten Interview Gast?

Wir werden versuchen zweimal Jährlich ein Interview mit einem Taucher zu veröffentlichen. Diese Interviews wollen wir mit ganz normalen Menschen die etwas besonderes erlebt haben oder tun führen. Es soll ein klarer Bezug zur Schweiz und zum Tauchen bestehen. Der Interview-Gast sollte zudem etwas zu erzählen haben, was andere Taucher interessieren könnte.

Falls es Vorschläge gibt, nehmen wir diese gerne unverbindlich über das Kontaktformular entgegen.

Das SWISS DIVERS-Team.

Wie viele Berufstaucher gibt es in deinem Betrieb?

Wir sind ein Team von fünf Berufstauchern.

Ist die Nachfrage nach diesen Jobs gross?

Ja, definitiv. Eigentlich zu gross. Meist sind die Vorstellung davon jedoch total unrealistisch. Viele wollen Hobby und Beruf verbinden. Sie übersehen im ersten Moment, dass das Berufstauchen nicht ausschliesslich mit Spass und Fische beobachten zu tun hat. Es ist ein anstrengender und sehr herausfordernder Beruf. Ich z.B. gehe in meiner Freizeit kaum noch Gerätetauchen. Was ich trotzdem mache ist Apnoetauchen – tauchen ohne ein Tauchgerät.

Wie bist du zum Berufstauchen gekommen?

Ich hatte nie das Bedürfnis als Tauchlehrer in einer Freiendestination zu arbeiten. Mich hatte die handwerkliche Seite des Berufstauchens interessiert. Durch persönliche Kontakte war ich zu diesem Job gekommen. Als Grundausbildung hatte ich eine Schlosserlehre abgeschlossen. Danach habe ich einige Zeit bei der Armee als Einsatztaucher gearbeitet.

Welche Ausbildungen benötigt man um als Berufstaucher in der Schweiz arbeiten zu dürfen?

Wie kann man Berufstaucher werden?

In der Schweiz gibt es keine staatlich anerkannte Ausbildung zum Berufstaucher. Die Polizei und die Schweizer Armee bilden selbst, spezialisierte Einsatztaucher aus, was ein Startpunkt in das Berufstauchen sein kann.

Viele Schweizer Berufstaucher lassen sich im Ausland ausbilden: In Deutschland gibt es eine zwei-jährige Berufsausbildung zum Berufstaucher. In Scotland, Frankreich, Südafrika, Kanada und den USA gibt es Einrichtungen, die international anerkannten Ausbildungen für Offshore-Taucher anbieten. Z.B: bei IMCA.

Das Meiste ist trotzdem “learing by doing”. Es gibt aber Grundvoraussetzungen, welche erfüllt sein sollten:

  • Eine abgeschlossene Grundausbildung in einem handwerklichen Beruf.
  • Im Alter zwischen 18 und 40 Jahren.
  • Ärztlich bestätigte medizinische Tauglichkeit.
  • Ein erfolgreich abgeschlossenes Sporttauchbrevet: CMAS **.
  • Führerausweis.
  • Motorbootsführerschein.
  • etc.

Es ist zu darauf hinzuweisen, dass das Berufstauchen nicht idyllisch ist. Natürlich kann man Hobby und Beruf verbinden und man verdient angemessen. Das Suchen nach vermissten Personen, die Temperaturen, die schlechte Sicht, die hohe körperliche Anstrengung, die hohe Verantwortung sowie die gesundheitlichen Risiken, sind Negativpunkte die diesen Beruf schnell zu einer Belastung werden lassen.

Lese mehr: Berufstaucher, berufsberatung.ch>>

In der Schweiz gibt es keine spezifische Ausbildung. Es ist alles “learning by doing.” Was als Grundvoraussetzung von unserer Firma erwünscht wird, ist eine höheres Sporttauchbrevet und eine Berufsausbildung im handwerklichen Bereich, wie z.B. Schlosser oder eine Lehre im Baugewerbe.

Wie gut ist Bezahlung? Bist du als Berufstaucher besser bezahlt als ein gewöhnlicher Handwerker?

Ja, ein wenig besser verdienen wir schon. Wir sind grösseren Risiken ausgesetzt und der körperliche Verschleiss ist auch höher.

Wie bist du versichert?

Über die SUVA.

Mit welchen Geräten und Material arbeitest du unter Wasser?

Wir arbeiten hauptsächlich mit hydraulisch (Öldruck) oder pneumatisch (Druckluft) angetriebenen Werkzeugen. Diese entsprechen weitgehend jenen, welche auch über der Wasseroberfläche verwendet werden. Teilweise sind heute auch wasserdichte Akkus in Einsatz. Die Leistung akkuversorgter Maschinen ist natürlich viel geringer. Wir haben Motorsägen, Bohrmaschinen, Trennscheiben, Brennschneider, Schweissgeräte und manchmal nutzen wir sogar Sprengstoff. Die Geräte hängen an einem langen Seil an einer Boje. So schweben sie immer auf Arbeitshöhe und sind jeder Zeit in Greifnähe. Kameras und Lampen sind ebenfalls unerlässlich.

Was für Aufträge führst du als Berufstaucher aus?

Zum Beispiel Saug- und Spülearbieten bei Wasserkraftwerken und Staumauern. Errichtung oder Reparaturen bei Ansaugstutzen in Seen. Bauen und Instandhalten von Stegen und Hafenanlagen sowie elektrische Leitungen im Wasser verlegen.

Bist du täglich im Wasser? Und in welchen Gewässern?

Ja, wir sind jeden Tag im Wasser. Der Einsatzort kann täglich variieren. Einmal im Fluss, dann im See oder in einem Weiher. Auch in Kläranlagen (kontaminiertem Wasser) oder in Brunnenstuben (Trinkwasser) der Wasserversorgungen arbeiten wir. Unsere Arbeitstiefe ist sehr unterschiedlich. 40 Meter Tiefe können es schon sein, je nach Einsatz.

Mit welchem Tauchequipment bist du ausgerüstet?

Bei kürzeren Taucheinsätzen nehmen wir herkömmliche Tauchflaschen und eine Vollgesichtsmaske oder einen Taucherhelm. Als weitere Variante werden grosse Standflaschen auf einem Transporter verwendet, welche die Luft über einen Schlauch zuführen. Bei einem sehr lagen Einsatz unter Wasser, wird das Atemgas via Kompressor nach unten transportiert. Eine mobile bemannte Schaltzentrale stellt die Funkverbindung und die Beleuchtung sicher.

Mit welchen Gemischen tauchst du bei deiner Arbeit?

Getaucht wird mit speziellen Gasgemischen, welche auf die Tiefe des Tauchgangs abgestimmt sind. In der normalen Luft sind 21% Sauerstoff und 79% Stickstoff enthalten. Wir tauchen oft mit einem Gemische, das 32% Sauerstoff und 68% Stickstoff enthält. (=Nitrox 32) Mit einem solchen Gemisch sollte man maximal auf 37 Meter Tiefe tauchen. Möchte man tiefer tauchen, muss der Sauerstoffanteil reduziert werden. Helium wird als drittes Gas bei Tauchgängen ab ca. 40 Meter Tiefe beigemischt (=Trimix), um eine Sauerstoffvergiftung zu verhindern. Anhand von Tabellen, Tauchcomputer und der Überwachung durch einen Mitarbeiter oberhalb der Wasseroberfläche, stellen wir sicher, dass wir niemals ein für uns schädliches Gemische atmen.

Willy Stäubli Ing. AG, Horgen

Wasserbau ist die Kernkompetenz der Willy Stäubli Ing. AG.

Die Willy Stäubli Ing. AG ist ein Baudienstleister der alle Tätigkeiten bei Taucharbeiten und im Stahlbau anbietet. Die Beratung, Berechnung, Planung, Ausführung und den späteren Unterhalt bekommt der Kunde aus einer Hand. Seit 1930 beschäftigt die Firma Willy Stäubli Ing. AG Berufstaucher. Diese langjährige Erfahrung hilft Bauprojekte effizient und fachgerecht umzusetzen. Taucharbeiten bei engen Platzverhältnissen, grossen Tiefen und bei schlechter Sicht sind nicht zu unterschätzen.

Willy Stäubli Ing. AG

Was gibt es zum Helmtauchen zu erzählen?

Erwähnenswert ist sicher unser Free-Flow-Helm. Der ganze Helm ist mit Luft gefüllt. Dabei muss regelmässig ein Druckausgleich stattfinden. Um diesen sicher zu stellen ist der Helm mit einem Ventil ausgestattet, welches mit einer seitlichen Kopfbewegung betätigt werden kann. Eine Luftdusche verhindert das Anlaufen des Sichtfensters. Eine Manschette aus Neopren oder Latex stellt die Verbindung zwischen Helm und Trockentauchanzug her. Auf dem Helm kann eine Lampe angebracht werden.

Gibt es spezielle Sicherheitsmassnahmen?

Führen wir Arbeiten auf einer Höhe von über 2’000 Meter über Meer aus, wo ein Helikopter wetterbedingt nicht immer fliegen kann, bringen wir unsere eigene Dekompressionskammer mit. Auch den Kompressor nehmen wir bei längeren Einsätzen immer mit. Entweder als Füllstation (inkl. Membrananlage) um die Druckluftflaschen zu befüllen oder um damit die Luft direkt über einen Schlauch nach unten zu pumpen.

Herzlichen Dank Ralf, für die spannenden Einblicke in deinen Berufsalltag. Danke, dass du dich für dieses Interview zur Verfügung gestellt hast!

Entstehung und Quellen:

    • Interview von Christoph Mäder mit Ralf Zwahlen vom 4.12.2018. (Aus “Einblicke in die Tauchgeschichte“, eine Vertiefungsarbeit von Christoph Mäder, am 18.12.2018 eingereicht bei Andrea Derungs)
    • Veröffentlicht mit der freundlichen Genehmigung von Christoph Mäder, Ralf Zwahlen, der Baugewerbliche Berufsschule Zürich (Peter Stocker) und der Willy Stäubli Ing. AG in Horgen. (Samuel A. Jucker)
    • Redigiert und gestaltet von SWISS DIVERS, Stefan.
    • Fotos: Christoph Mäder und Felix Aeberli.